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(K)ein Balanceakt zwischen Arbeit und Freizeit – Was die Generation Z von Handwerksberufen erwartet

Handwerk aktuell

27. April 2023

Zeiten ändern sich – und damit auch die Anforderungen an die Arbeitswelt. Unter der Generation Z werden die zwischen 1996 und 2010 Geborenen verstanden, also jene, die erst kürzlich Ausbildungen absolviert haben oder sie demnächst beginnen werden. Was die junge Generation umtreibt, was sie sich wünscht und wie sie sich das Handwerk in Zukunft vorstellt, darüber wurde am 10. März 2023 im Radolfzeller Milchwerk gesprochen. Für einen Vortrag luden das Landratsamt und die Handwerkskammer Konstanz den Generationenforscher Rüdiger Maas ein, der spannende Einblicke über die Forderungen des handwerklichen Nachwuchses gab. An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen unter anderem Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der HWK Konstanz, Nathalie Matern, eine junge Schreinermeisterin und Andreas Owen, Gründer sowie Geschäftsführer von wirsindhandwerk.de, teil.

Die Teilnehmenden der Podiumsdiskussion im Gespräch. V.l.n.r.: Georg Hiltner (Hauptgeschäftsführer HWK Konstanz), Nathalie Matern (Schreinermeisterin), Dörte Gensow (Referatsleiterin Wirtschafts­förderung & Kreisentwicklung Landkreis Konstanz), Rüdiger Maas (Genera­tio­nenforscher) und Andreas Owen (CyberLAGO e.V. / wirsindhandwerk). Bildnachweis: Landratsamt Konstanz

Schlüsselerkenntnisse waren in der Diskussionsrunde vor allem, dass die zwischen 1996 und 2010 geborene Generation Z eine zunehmende Flexibilisierung der Arbeitswelt einfordert. Das heißt: Flexible Arbeitszeiten, moderne Arbeitsplätze sowie die Aufhebung von starkem Hierarchiegefälle. Neben einer Begegnung auf Augenhöhe sei den jungen Leuten auch eine faire Bezahlung wichtig. Dank des Internets und Social Media haben Betriebe heutzutage viel mehr Möglichkeiten auch den Nachwuchs vom Handwerk zu begeistern und sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. 

Dies gelinge besonders dann, wenn authentische Einblicke in den Betriebsalltag gewährt werden und erreiche das junge Publikum nicht nur auf der sachlichen, sondern auch auf einer emotionalen Ebene. Lust aufs Handwerk komme bei Jungen auch dann zustande, wenn z.B. der Arbeitsprozess und nicht nur das fertige Ergebnis präsentiert wird oder wenn mittels Foto und Bewegtbild gezeigt wird, wie die Team-Kollegen nach Feierabend noch bei einem kühlen Getränk gemeinsam Spaß haben.

Die Generation Z wünscht sich mehr Vereinbarkeit von Freizeit und Beruf- Auch im Handwerk
Foto: naassom-azevedo-unsplash

Die Vereinbarkeit von Freizeit und Arbeit ist wichtiger denn je

Was die Generationsforschung sagt, bestätigen auch die Auswertungen unseres Digibarometers. Um den Grad der Digitalisierung im Handwerk festzustellen, haben wir in unserem deutschlandweiten Forschungsprojekt auch kulturelle und psychologische Aspekte analysiert. Unter anderem wurden 900 Jugendliche zu ihren Vorstellungen vom Handwerk befragt. Was ihnen in überzeugender Mehrheit wichtig ist? Leben – und zwar außerhalb des Berufs! Für 57% aller befragten 14- bis 19-Jährigen ist es enorm wichtig, dass Privatleben, Familie und Arbeit gut miteinander vereinbar sind. Um 2% wichtiger ist einzig die Aussicht auf ein gutes Gehalt. Alle weiteren Aspekte fallen hinter der sogenannten „Work-Life-Balance“ zurück.

Work-Life-Balance, wie soll das gehen?

Geregelte und feste Arbeitszeiten, ein gesichertes Einkommen und freie Wochenenden – man könnte meinen, das seien bereits familien- und freizeitfreundliche Voraussetzungen. Doch mit etwas Mühe geht auch mehr! Viele Betriebe machen es schließlich vor und versuchen dem Nachwuchs zu zeigen, dass Handwerk und Freizeit bestens nebeneinander existieren können. Und besser noch: Teilweise lassen sie sich sogar verbinden. Arbeit muss nämlich nicht acht Stunden Büro oder Baustelle bedeuten, sondern kann auch das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden.

Weniger Arbeit – mehr Umsatz

Der Heizungs- und Sanitärbetrieb Alfred Keller hat beispielsweise die Vier-Tages-Woche und flexible Arbeitszeiten eingeführt. Eine Maßnahme, die von jungen Auszubildenden begrüßt wird und sich dementsprechend in den Bewerbungszahlen spiegelt. Auch andere Handwerksbetriebe machen diese Erfahrung. Laut eines britischen Pilotprojekts, bei dem 60 Firmen die Vier-Tages-Woche bei vollem Lohn testeten, seien die Mitarbeitenden außerdem fokussierter und hätten mehr Freude an der Arbeit. Trotz (oder vielmehr aufgrund) der verkürzten Arbeitszeiten stellte man eine Umsatzsteigerung von 1,4 Prozent fest. Die Zahl der Angestellten, die Unternehmen verließen, sowie die Zahl der Krankheitstage gingen während des Test-Zeitraums hingegen stark zurück.

Was erwartet sich die Generation Z von Handwerksberufen?
Foto: alexis-brown-unsplash

Bewegt, gesund und motiviert

Gesundheit lässt sich im Alltag durch ausreichend Bewegung definitiv beeinflussen. Durch Sportangebote und den Zugang zu Fitnessräumen bleiben Mitarbeitende fit und vital. Auch das Bereitstellen von Dienstfahrrädern sorgt für auflockernde Bewegung, entweder auf dem Weg zur Arbeit oder sogar von Auftrag zu Auftrag – einfach mal zwischendurch. Das macht nicht nur den Kopf frei, sondern tut zusätzlich auch etwas für die Umwelt und ein positives Image. Was für körperliches Wohlbefinden sorgt, spiegelt sich auch in der Psyche. Wer seinen Mitarbeitenden genug Raum und Zeit bietet, um sich um die eigene Gesundheit zu kümmern, wird einem motivierten und zufriedenen Team entgegen blicken. Ein weiterer Pluspunkt: Gemeinsame sportliche Aktivitäten fördern den Teamgeist und den kollegialen Zusammenhalt.

Auch eine ausgewogene Ernährung spielt eine maßgebliche Rolle, wenn es um die Gesundheit geht. Wer sich jedoch gesund ernähren möchte, braucht dafür vor allem eines: Zeit und Geld. Kleine Zeichen der Wertschätzung können Mitarbeitenden dies erleichtern. So beispielsweise durch ein bezahlbares und gesundes Essensangebot, entweder über eine hauseigene Kantine oder über Essensgutscheine. Dadurch zeigen Betriebe, dass ihnen erholsame Pausen und das Wohlergehen ihrer Mitarbeitenden wichtig sind.

Freizeit gut – alles gut?

Manche Trends mögen bedenklich oder allenfalls fragwürdig sein. Das Einfordern der Work-Life-Balance gehört definitiv nicht dazu. Dass ein gesundes, soziales Leben außerhalb der Arbeitswelt für jüngere Menschen immer wichtiger wird, hat positive Auswirkungen auf das Wohl aller – einschließlich der Betriebe. Und mal ehrlich – was die jüngere Generation aktuell fordert, schadet keiner Altersklasse: Einen ausgewogenen Alltag inklusive Gesundheit und Zufriedenheit können wir alle ganz gut gebrauchen! 

Quellen

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