Der Über-Flieger

6. Juni 2019

„Wer nichts verändert, wird verändert!“ – Dieser Satz steht über dem Profil von Jörg Ottemeier auf der Kommunikationsplattform LinkedIn. Der Inhaber eines Stuckateur Fachbetriebes in Essen und Knauf Fachunternehmer Club-Mitglied setzt sein Mottokonsequent um – inzwischen auch als Experte für denprofessionellen Einsatz von Drohnen im Tagesgeschäft.

Das Über-Fliegen ist für Jörg Ottemeier heute ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu den Mitbewerbern in seinem bis zu 80 kmgroßen Aktionsradius: „Ich habe dadurch auch den Bekanntheitsgrad meines Unternehmens deutlicherhöht.“ Begonnen hat der Stuckateurmeister vor fünf Jahren mit dem Erwerb eines ersten „Oktokopters“, den er für einen Fotografen an den Start brachte.

High-Tech per Tablet-Steuerung

Die Technik hat sich seitdem rasant entwickelt, der Markt ist heute zweigeteilt. „Im Hobbybereich werden Drohnen heute quasi billig verscherbelt“, so Ottemeier, „diese Gerätereichen aber nicht annähernd andie Qualität heran, die man für den professionellen Einsatz benötigt.“ Zuden Anfangszeiten waren in Spitzengeräte schwere Kameras montiert und brauchten entsprechende (Akku-)Leistungsfähigkeit. „Heute arbeiten die Geräte mit speziell auf Erdkrümmung und Luftaufnahme abgestimmten Hightech-Objektiven, die nur noch per Tablet gesteuert werden.“ Die Top-Qualität der damit produzierbaren Fotos und Videos hat sich bei Kunden und Geschäftspartnern am Firmensitz in Essen und im privaten Umfeld am Niederrhein herumgesprochen. „Mit der Drohnedokumentiere ich beispielsweiseunsere Arbeit nach Beendigungeines Bauvorhabens und zeige demAuftraggeber das Ergebnis aus vielen und ungewöhnlichen Perspektiven – im wahrsten Sinne des Wortes“, erläutert Jörg Ottemeier denEinsatz seines Fluggerätes. Er istzugleich auch als Dienstleister unterwegs, z. B. für Kollegen aus demDachdecker-Handwerk, die mit demMaterial ihre Auftragsabwicklungpräzisieren und z. B. Schäden anKirchtürmen erfassen können.

Drohneneinsatz auch im Gebäude

Jörg Ottemeier ist auch als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger in der Branche aktiv.Konsequenterweise setzt er für eineSchadensdokumentation an Fassaden ebenfalls auf die mit der Drohnein luftiger Höhe produzierbaren Bilder, die durch das Hochleistungsobjektiv auch Details sehr deutlich machen. Die Möglichkeit, mit seinem Multikopter auch 360°-Bilderzu erzeugen, hat kürzlich zum Auftrag eines größeren Bauunternehmers geführt, für den Jörg Ottemeierdemnächst eine komplette Baustelle„aus der Luft“ begleiten soll. Wieman das macht, hat sich der Unternehmer im Laufe der Zeit selbst beigebracht, dabei durch einen Absturzauch Lehrgeld bezahlt. Heute hilftdie rasant fortgeschrittene Technik:Neben der notwendigen GPS-Funktion und hoher Objektivauflösungsind Spitzengeräte in der Lage, einObjekt automatisch zu verfolgenoder zu umkreisen, und können automatisch starten und landen.Jörg Ottemeier: „Das Erkennen vonHindernissen oder optische Positionskontrollen helfen auch im Gebäude,die Drohne auf einer Stelle zu halten – diese Funktionen gab es frühernicht, da war noch mehr fliegerisches Feingefühl erforderlich.“

Flugverbotszonen beachten

Wie läuft ein Drohneneinsatz inder Regel ab? „Einsatzort und Zielsetzung des Fluges erfahre ich vom Auftraggeber als Erstes. Dann schaue ich mir die Örtlichkeiten auf speziellen Luftraumkarten an, dahier mit jedem Update immer mehr gesperrte Lufträume eingepflegt werden, an denen ein Aufsteigen nichtmehr möglich ist. Dann kann man sich den weiteren Aufwand sparen.“ Dies hat Ottemeier zuletzt bei einem Kontakt mit der Handwerkskammer Dortmund erlebt, hier konnte er nichtfliegen, weil das Gebäude in unmittelbarer Nähe zum Westfalenparkund BVB-Stadion liegt. Nach dem Einholen eventuell weiterer Genehmigungen läuft der Einsatz. „Wenn es Bilder für mich selber sind, dann werden diese bei mir bearbeitet,ansonsten stelle ich die Daten dem Kunden zur Verfügung.“ Fluggeräte dieser Profi-Klasse habennatürlich ihren Preis, weshalb sie sichauch von den Hobby-Drohnen unterscheiden. Der Spitzenflieger bei Jörg Ottemeier mit getrennten Steuerungen für die High-Tech-Kamera und die Drohne selbst hat mehr als 6.000 €gekostet, zwei kleinere für 1.000 €bzw. 1.600 € sind ebenfalls im Einsatz.

Bilddaten werden wiedergelöscht

Drohnen lösen heute nicht mehr überall Faszination und Begeisterung aus, hat Ottemeier über die Jahre einen Umschwung bei den Reaktionen erlebt. „Das ist doch verboten“– laute eine häufige Äußerung Unbeteiligter während eines Einsatzes. Natürlich habe es Missbrauch gegeben, umso wichtiger seien für ihn deshalb die Genehmigung für das Steuern einer Drohne (dafür muss man eine Art Führerschein vorweisen), die Erlaubnis der betroffenen Grundstücks- bzw. Gebäudeeigentümer und das zwingende Vermeiden von Flugverbotszonen. „Völlig tabu sind z. B. Unfallstellen oder Flüge über Gebäude des Bundes oder Landes, der Polizei oder über Krankenhäuser oder Gefängnisse.“ Für alle Fälle hat Jörg Ottemeier auch eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Schließlich der Datenschutz:„Selbstverständlich achte ich beim Fliegen auf die Schutzrechte von Nachbarn und sonstigen Personen am Einsatzort, alle Bild- oder Videodaten werden nach ihrer Auswertung bzw. Nutzung vernichtet und keineswegs archiviert.“